Nachlese zum 41.Baldeneysee Marathon 2003

 

  

Auch beim Baldeneysee Marathon waren Läuferinnen und Läufer des SV – Siemens am Start.

Zunächst eine kurze Übersicht der Ergebnisse:

Name

Verein

Endzeit

Ludwig, Axel (*)

SV-Siemens Mülheim

03:33:28

Thamm, Norbert

SV-Siemens Mülheim

03:38:10

Hamann, Peter (*)

SV-Siemens Mülheim

03:52:41

 (*) mit Bild

 

Mein erster Marathon (Einen Erlebnisbericht von Peter Hamann)

Am 12. Oktober 2003 war es endlich soweit. Da sollte es sich zeigen, ob die monatelange Vorbereitung sich gelohnt hat, ob ich es wirklich schaffen würde mehr als 42km durchzulaufen. Eigentlich war es unvorstellbar.

Wie alles begann

Der Marathon begann für mich schon im Sommer, als ich den Entschluss fasste, nicht bis nächstes Jahr zu warten, sondern dieses Jahr im Herbst den Marathon zu laufen. Am Anfang galt es festzulegen, welche Veranstaltung es nun sein sollte. Mittlerweile finden Marathons schon fast jedes Wochenende statt. Der Baldeneysee in Essen bot sich aber als nahezu ideal an. Einerseits ist der Marathon nicht so groß, dass man in einer anonymen Menge mitläuft, andererseits konnte man sehr kurzfristig entscheiden ob man teilnehmen möchte oder nicht. Der Berlin- oder Kölnmarathon beispielsweise waren schon sehr früh ausgebucht. Ein weiterer Grund, der für den Baldeneysee spricht, ist die Natur. Idyllisch zwischen Essen-Werden und Kupferdreh gelegen, wird fast die gesamte Strecke von viel Grün umsäumt und von Mülheim ist es nur ein Katzensprung weit entfernt.

Die Vorbereitung

Jetzt hieß es erst einmal trainieren, denn ein Marathon ist mehr als 2x Halbmarathon zu laufen. An dem Tag muss alles stimmen, konditionell und psychologisch. Im Internet und in der Fachliteratur finden man genug Informationen, um sich optimal vorzubereiten. Jeder kann sich das für ihn Passende heraussuchen.

Die nächsten Wochen wurden bestimmt von langsamen und schnelleren Ausdauerläufen, Tempotraining und Fahrtspiel (eine besondere Form des Tempotrainings). Wer masochistisch veranlagt ist, trainiert auch gern an Bergen und anderen Anstiegen. Nach und nach erhöhte ich den Anteil an langen Ausdauerläufen, so dass ich zum Schluss 30km am Stück lief. Ich hoffte innerlich, dass es reichen würde, sicher war ich mir nicht.

Zur Vorbereitung gehörte auch die Verpflegung. Verschiedene kohlenhydratreiche Energieriegel und Gels wurden getestet. Drei Tage vor dem Start bastelte ich mir eine Tempotabelle, auf der die Kilometerzeiten für eine Endzeit von 3h 45min festgelegt wurden.

Außerdem versuchte ich die körpereigenen Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Das geht am besten mit Nudel- oder Reisgerichten, wobei Nudeln oder Reis den Hauptanteil der Nahrung ausmachen sollten.

Der Tag X

Wie nicht anders zu erwarten, verlief die letzte Nacht nicht optimal. Sei Tagen ging mir der Lauf schon nicht mehr aus den Kopf. Das machte sich in einem leichten Schlafdefizit bemerkbar, was allerdings keine Rolle spielte, da der Adrenalinspiegel unaufhörlich stieg.

Ein leichtes Frühstück mit Weißbrot und Honig sollte die nötige Ruhe bringen. Anschließend wurde der Getränkegürtel vorbereitet, als ideales Getränk für unterwegs hielt ich Wasser mit darin gelöstem Powergel für sinnvoll.

Mit dem Auto ging es hin zum Baldeneysee. Der Start sollte um 10:00Uhr sein. Kurz nach Neun waren die Parkplätze in Startnähe schon alle belegt, so dass ein längerer Fußmarsch dazu kam. Das Wetter war für uns Läufer wie bestellt. Die morgendliche Frische, die manch einen Sportler noch zittern ließ, wurde bald durch eine Sonne am wolkenlosen Himmel abgelöst. So nach und nach füllte sich der Startbereich mit den Läufern und Läuferinnen. Die meisten entschieden sich, in kurzen Sachen zu laufen.

Der Start

Pünktlich, 10sec vor 10:00Uhr wurde die Zeit runtergezählt. Der Startschuss ertönte an der Freiherr-vom-Stein-Straße. Die Schar aus ca. 1800 Läufern und 200 Läuferinnen setzte sich in Bewegung. Der erste Teil der Strecke führte über die Straße Richtung Stadtteil Werden. Es galt zwei Runden um den Baldeneysee zu absolvieren. Da der Rundkurs max. 17km lang ist, wurde die erste Runde um eine Wendeschleife auf der Wuppertaler Straße erweitert. Aber soweit war es noch nicht.

Zu Beginn des Laufes ist es wichtig, sich nicht von der allgemeinen Euphorie mitreißen zu lassen. Kräfte sparen war schon ganz am Anfang die Devise, denn der Weg zum Ziel war lang und manch ein Läufer hatte in der Vergangenheit zur Hälfte der Strecke aufgegeben. Also hieß es Herzfrequenz und Kilometerzeiten zu beachten und konsequent einzuhalten.

Nach dem Start ging es zuerst Richtung Süden am Wehr vorbei. Über die Gustav-Heinemann-Brücke am Kilometer 3 erreichten wir das andere Ruhrufer. Nach einem kurzen Stück durch die Stadt führte der Weg jetzt immer am Seeufer entlang Richtung Osten. Am Anfang waren alle Läufer noch gut drauf. Nichts schien uns stoppen zu können. Am Kilometer 6 erreichten wir den ersten Verpflegungspunkt. Neben Wasser gab es auch isotonische Getränke und Tee zu trinken. Um die Energiereserven aufzufüllen, wurden Bananen angeboten. Es ist sehr wichtig schon frühzeitig mit dem Essen und Trinken anzufangen, Defizite lassen sich später nicht mehr ausgleichen.

Erst zehn Kilometer

Weiter ging es zum Kilometer 10. Hier konnte man schon den Wendepunkt der zweiten Seerunde, die Kampmannsbrücke, sehen. Auf der ersten Runde ging es allerdings nicht direkt zurück, denn zuerst musste die Schleife in Angriff genommen werden, und die zog sich ganz schön hin. Ca. 2,5km die Wuppertalerstraße rauf und die gleiche Strecke wieder runter. Am Wendepunkt, ungefähr Kilometer 15, erfolgte eine Kontrollmessung, damit keiner auf die Idee kam, einfach abzukürzen.

Damit die Läufer nicht gar zu einsam unterwegs waren, hatten Musikkapellen, Schülerbands oder Bongogruppen verschiedener Lauf- und Interessenvereine über die Strecke verteilt Aufstellung genommen, die die Läufer u.a. mit Sambarhythmen kräftig unterstützten. Auch viele Zuschauer, besonders im Start-Ziel-Bereich, trugen mit Beifall und Anfeuerungsrufen dazu bei, den Läufern zu helfen.

Halbzeit

Nach knapp zwei Stunden hatte ich am Kilometer 20,95 die Hälfte der Strecke absolviert. Noch fühlte ich mich frisch und hatte das Gefühl, dass es „ewig“ so weitergehen könnte.

Nach 24,5 km kamen wir das erste Mal am Ausgangspunkt an. Hobbyläufer wie ich, waren an dieser Stelle teilweise zwei Stunden oder länger unterwegs. Schon wenige Minuten später würden die Profis durchs Ziel gehen. Die hatten dann schon die zweite Runde hinter sich. Für mich und viele andere hieß es jetzt, die zweite Runde anzugehen. Jetzt kam einem schon alles bekannt vor, wieder Richtung Werden, wieder über die Brücke und dann immer am See entlang. Jetzt kam der Zeitpunkt, wo sich zeigte, wie gut die Vorbereitung war. Langsam wurden die Beine schwer und schwerer, und eine alte Marathonweisheit kam zum Tragen: ein Marathon beginnt erst am Kilometer 30. Wer auf der ersten Hälfte seine Kräfte nicht richtig eingeteilt hatte, bekam es hier zu spüren.

Noch zehn Kilometer

Kilometer 32. Jetzt war es „nur“ noch ein 10km-Lauf, den bin ich schon oft gelaufen, das müsste ich doch schaffen, geht mir im Kopf herum. Seit einigen Kilometern ist ein Scheuern im rechten Schuh dazu gekommen. Am besten, die Gedanken irgendwie ablenken, sonst demotiviert man sich selbst. Jetzt wird jeder Kilometer gezählt, endlich, kurz vor Kilometer 35, eine weitere Verpflegungsstelle. Um zu trinken bleibe ich kurz stehen, das macht sich sofort in den Beinen bemerkbar. Stehen ist nicht so gut, immer vorwärts, in Bewegung bleiben, denke ich.

Kurz hinter der Kampmannsbrücke schallt Musik herüber. Hier steht ein letztes Mal ein Sprecher und feuert die Läufer an. Wer so weit gekommen ist, sagt er, gibt nicht mehr auf, der schafft auch die letzten sieben Kilometer. Leider beginnt kurz danach noch ein leichter Anstieg, der nach 3 ½ Stunden Laufen aber gar nicht mehr so leicht ist. Aber auch der wird gemeistert.

Zwischendurch schaue ich immer mal wieder auf die Uhr. Erstaunt stelle ich fest, dass ich bis jetzt kaum langsamer geworden bin.

Noch fünf Kilometer

Kilometer 37. Ich rechne mir aus, dass ich unter vier Stunden bleiben könnte, wenn ich durchhalte, ...wenn ich durchhalte...

Der Schmerz in den Beinen nimmt immer mehr zu. Eigentlich könnte ich doch stehen bleiben oder zumindest langsamer laufen, denke ich. Nein, nicht aufgeben, das schaffst du auch noch sagt die andere Stimme in mir. Gleich kommt Kilometer 38 – wo bleibt der eigentlich. Ich schaue wieder auf die Uhr, es ist noch viel zu früh für Kilometer 38, also weiterlaufen.

Endlich, da ist die Markierung, jetzt sind es noch vier Kilometer. Da kommt auch schon der letzte Verpflegungspunkt, wieder lasse ich mir Zeit, trinke eine Cola, das soll kurz vorm Schluss noch einmal beflügeln. Mir verklebt es nur den Mund, und die Kohlensäure ist auch nicht so gut beim Laufen.

Weiter geht es, jetzt habe ich noch drei Kilometer vor mir.

Noch zwei Kilometer

Vom Kilometer 40 habe ich unterwegs geträumt, habe gedacht, jetzt hast du es so gut wie geschafft. Es sind aber noch einmal mehr als 10min, die gelaufen werden müssen. Bei Kilometer 41 kommt die Gabelung, die den Weg teilt, für die, die noch eine Runde mussten und die, die es gleich geschafft haben. Es geht jetzt direkt auf den Regattaturm zu, der im Zielbereich steht. Langsam werden es mehr Leute auf dem Weg, nicht nur Zuschauer, auch viele Spaziergänger sind unterwegs. Einige scheinen nicht mitbekommen zu haben, dass hier ein Marathon läuft. Man muss aufpassen, niemanden umzurennen. Ordner sind in diesem Bereich auch nicht zu sehen. Es kann aber auch sein, dass ich das nur nicht mehr mitbekomme.

Noch 195 Meter

Kilometer 42. Endlich, das war der Punkt, wo ich wahrscheinlich auch ins Ziel kriechen würde. Aber plötzlich tragen meine Beine mich scheinbar mühelos. Auch nach fast vier Stunden feuern die Zuschauer noch jeden an. Der Sprecher im Einlaufbereich ruft meinen Namen, glücklich reiße ich die Arme nach oben, jetzt sind es nur noch 50m. Am Wegrand steht meine Familie und klatscht Beifall. Dann laufe ich durchs Ziel. Geschafft, meinen ersten Marathon erfolgreich gemeistert. Jetzt stört es auch nicht mehr, dass jeder Muskel in den Beinen schmerzt, das wird vergehen, der Marathon bleibt.

© Peter Hamann

 


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Dezember 2003

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